Gemeinsam mit Georg Büchner verfasste Friedrich Ludwig Weidig den Hessischen Landboten. Doch wer war dieser Freiheitskämpfer?
Weidig wurde am 15. Februar 1791 geboren und verbrachte seine Kindheit in Oberkleen, Cleeberg. 1803 zog die Familie nach Butzbach. Nach einem 1811 erfolgreich abgeschlossenen Theologiestudium in Gießen promovierte er 1822 im Fach Philosophie, begann aber schon 1812 seine berufliche Laufbahn als Konrektor der Butzbacher Knabenschule und wurde 1826 zum Rektor ernannt. Weidig war ebenfalls Mitglied in der 1811 gegründeten Deutschen Gesellschaft, die anfangs die Moral zum Vaterland stärken sollte, aber zunehmend politisch kritischer wurde. Schon während seiner Zeit als Lehrer äußerte er sich unzufrieden über den Zerfall Deutschlands in Kleinstaaten, wünschte sich nationale Einheit und soziale Freiheit.
Doch Weidig war von dem größten Eifer für die Umgestaltung Deutschlands belebt. Diesen Eifer betrachtete er als Pflicht. […] Er sagte, es sei daraus unter den gegenwärtigen Umständen nichts zu hoffen, der deutsche Bund eine unnatürliche Vereinigung, in welcher die absoluten Mächte die constitutionellen Fürsten decimirten, wenn diese auch etwas für die Sache der Freiheit thun wollten u.s.w. Wer daher noch einen Funken von Ehrgefühl und Vaterlandsliebe habe, müsse keine Gefahr scheuen, um eine Veränderung der Dinge herbeizuführen u.s.w. Aus dem Verhörprotokoll August Beckers, 25. Juli 1837. MBA, S. 78f.
1827 heiratete er seine Cousine Amalia Hofmann, ein Jahr später kam sein Sohn Wilhelm zur Welt. Im April 1833 beteiligte sich Weidig an den Vorbereitungen zum Frankfurter Wachensturm. Daraufhin wurde er in Butzbach zwischen Mai und Juli 1833 inhaftiert, allerdings nach der Intervention der Zweiten Kammer des Landtages aus der Haft entlassen. Weidig wurde seines Amtes als Schulrektor enthoben und im September 1834 nach Oberkleen auf eine Pfarrstelle strafversetzt. Im selben Jahr begegnete er Georg Büchner.
Die gemeinsame Arbeit am Hessischen Landboten war konfliktreich und von unterschiedlichen politischen Auffassungen geprägt. Die von Weidig später hinzugefügten Stellen enthalten eine stärker biblisch-theologische Sicht, während die von Büchner stammenden Passagen stärker auf eine Adelskritik abzielten. Nach der Verteilung der Flugschrift gerieten Weidig und seine Freunde immer mehr in den Fokus des Darmstädter Hofgerichts. Büchners Freund Karl Minnigerode wurde am 1. August 1834 am Gießener Selterstor mit Exemplaren des Hessischen Landboten verhaftet. Zuvor war er von Johann Konrad Kuhl, einem Jugendfreund Weidigs, verraten worden. Weidig plante 1835 in die Schweiz zu fliehen, kehrte aber auf dem Weg wieder um, auch weil seine Frau erneut schwanger war.
Im April 1835 wurde Weidig verhaftet. Er verbrachte zwei Monate im Friedberger Gefängnis und wurde anschließend in das Darmstädter Arresthaus verlegt. Unter dem Hofgerichtsrats Georgi erlitt Weidig schwere Qualen und wurde gefoltert. Während seiner Haft baten Männer aus Oberkleen um seine Freilassung und sagten, dass sie nie einen besseren Seelsorger gehabt hätten. Diese Fürsprache blieb jedoch wirkungslos. Am 23. Februar 1837 beendete Weidig selbst sein Leben, ohne sein zweites Kind je gesehen zu haben.
[ …] wenn Weidig bei gesundem Verstand war, als er die That verrichtete, so kann ich doch nicht glauben, daß er sie aus Verzweiflung begangen habe; vielleicht hat er geglaubt, man werde seinen Mitschuldigen um so eher das Gefängniß öffnen, wenn er sich die Adern öffne; denn er hatte in dieser Hinsicht ein weit subtileres Gewissen, als man glauben dürfte.
Aus dem Verhörprotokoll August Beckers, 28. Juli 1837. MBA, S. 82
Literaturverzeichnis:
Braun, Harald: Das politische und turnerische Wirken von Friedrich Ludwig Weidig. Ein Beitrag zur Geschichte der revolutionären Bestrebungen im deutschen Vormärz. 2.Aufl., Sankt Augustin: Richarz 1983.
Friedrich Ludwig Weidig: Gesammelte Schriften. Hrsg. v. Hans-Joachim Müller Darmstadt: Roether 1987. hier, S.532.
Georg Büchner: Sämtliche Werke und Schriften. Historisch-kritische Ausg. mit Quellendokumentation und Kommentar. Bd. 2.1 und Bd. 2.2: Der Hessische Landbote. Marburger Ausgabe. Hrsg. von Burghard Dedner unter Mitarbeit von Katja Battenfeld. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 2013 [=MBA].
Sauerbier, Antje: Friedrich Ludwig und seine Zeit. Eine Abteilung der Dauerausstellung im Museum der Stadt Butzbach 2016.
Wolf, Dieter: Einige Lebensdaten des bedeutenden Schulmannes und Pfarrers, Turners und Freiheitskämpfer Dr. Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837). Butzbach: Museum und Stadtarchiv Butzbach 2016.
Wolf, Dieter (Red.): 200 Jahre Weidig. Sonderausstellung des Museums der Stadt Butzbach zum 200. Geburtstag von Dr. Friedrich Ludwig Weidig. Ausstellung 23.2.1991-24.3.1991 im Bürgerhaus Butzbach. Butzbach: Stadtarchiv und Museum Butzbach 1991.
Wyß, Arthur: Weidig, Friedrich Ludwig. – In: Deutsche Biographie: https://www.deutsche-biographie.de/sfz84774.html (Stand: 19.09.2019)
Lutz, Rolf, Dieter Wolf; Hermann Bang: Dr. F. L. Weidig und der TSV 1846 Butzbach. Eine Würdigung zur 200. Wiederkehr des Turnplatzes auf dem Schrenzer in Butzbach 1814. Im Auftrag des HTV. [o. V.]
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